Wie Ratschläge angenommen werden können

Vergangene Tage ist mir folgendes passiert: Ich habe zu einem mich sehr bewegenden Thema (meine Mutter ist vor einigen Wochen verstorben) einen Ratschlag bekommen, wie ich mit meiner Trauer umgehen soll, damit es mir besser geht.

Der Ratschlag war wirklich von einer sehr liebenswerten, einfühlsamen Freundin. Und es war ein Rat, der auch von mir hätte kommen können: „Denk lieb an Deine Mutter – schick ihr Liebe“. Lieb zu denken ist tatsächlich ein guter Rat, der sehr dabei unterstützt, mit Verlassenheitsängsten und –gefühlen und auch mit Wut auf einen anderen Menschen umzugehen. Es tut einfach der eigenen Seele gut, Gutes zu wünschen. Trotzdem konnte ich den Rat nicht gut annehmen. Wie kann das sein?

Ein Hauptgrund ist sicher, dass ich ungefragt beraten wurde. Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, vorher Erlaubnis einzuholen, Rat geben zu dürfen, etwa in dem Sinne: „Möchtest Du darüber reden?“ – „Darf ich Dir/Ihnen sagen, was mir in solchen Situationen hilft?“ oder ähnlich.

Dann ist es meines Erachtens auch wichtig, dass es eine für ein Beratungsgespräch passende Situation ist. Der Rahmen muss stimmen. Ein Rat zu einem ernsten Thema passt nicht auf eine Geburtstagsfeier oder einen lustigen Videoabend mit Freundinnen. Wenn wir Beziehungen schützen und ausbauen wollen, ist es förderlich, gute Stimmungen gemeinsam zu genießen und für Problemgespräche andere Termine zu vereinbaren. Alles zu seiner Zeit eben.

Manche Menschen ärgern sich auch, wenn der Berater/die Beraterin Vorschläge macht, an die sie selbst schon gedacht haben (wie es z.B. bei mir der Fall war). Dann kommt leicht das Gefühl der Ungleichberechtigung auf. Der/die Ratsuchende fühlt sich nicht wertgeschätzt und in seinen/ihren bisherigen Bemühungen nicht anerkannt.

Ein weiterer Negativeffekt ist hier, dass (im professionellen Umfeld) solche Ideen den Ratsuchenden nicht von der Kompetenz des Beraters überzeugen. Ich habe mir deshalb angewöhnt, Ratsuchende mehrfach nach ihren eigenen Ideen zu fragen: „Was haben Sie/hast Du alles schon probiert?“ – „Welche Ideen hast Du selbst sonst noch?“ – „ Wie sind Sie bei ähnlichen Schwierigkeiten mit der Situation umgegangen?“ oder „Was rät Dir denn Deine engste Freundin / würde Dir Deine Mutter raten?“

Solche Fragen sind dazu geeignet, dass der Ratsuchende seine Lösung selbst findet. Und selbst entwickelte Lösungen werden garantiert häufiger umgesetzt, als vorschnell empfohlene Handlungsoptionen.

Im vorliegenden Fall bin ich allerdings mit meiner Reaktion auch sehr unzufrieden. Wie ich – theoretisch – souvräner damit hätte umgehen können, lesen Sie in einem meiner nächsten Blog-Artikel.

Wir sind Meister, die üben!

Freundinnen werden immer wichtiger

Um so älter wir werden, um so wichtiger werden für uns Frauen Freundinnen. Für viele Menschen zwischen 40 und 60 ist Einsamkeit ein zentrales Thema. Singlefrauen befällt die Angst, alleine alt zu werden. Partnerschaften zerbrechen oder das Gefühl, beim eigenen Partner emotional aufgehoben zu sein, fehlt.

 

In Phasen der Trauer um den Verlust eines Menschen ist eine Freundin Gold wert. Julia Onken spricht in ihrem Buch „Geliehenes Glück“  von Hälftigkeitswunden, die Menschen empfinden, wenn sie durch Tod oder Trennung einen Menschen verloren haben. Menschen, die nicht in einer Partnerschaft leben, oder deren Partnerschaft gerade auseinander gegangen ist, empfinden sich häufig als „nicht ganz“ (die „bessere“? Hälfte fehlt) und sie sind stark verletzt. Manchmal fühlen sie sich regelrecht, als sei ein Körperteil amputiert worden.

 

In dieser emotionalen Wüste kann gleichgeschlechtlicher Beistand die Not deutlich lindern. Eine Freundin, zu der ein langjähriges Vertrauensverhältnis besteht und mit der die Sorgen und Nöte besprochen werden können, ersetzt zwar nicht den gegengeschlechtlichen Partner. Sie kann aber das Gefühl emotionaler Nähe vermitteln. Und das ist sehr viel.

 

Dabei kommt es nicht darauf an, viele Bekannte zu haben. Zwei oder drei Menschen, mit denen wir persönliche Gedanken und Gefühle teilen können, sind wichtig. Zu unseren zwei bis drei engsten Freunden empfinden wir eine besondere Nähe, wir haben uns schon häufig gegenseitig unterstützt und wir sehen uns auch häufiger als andere, weitläufigere Bekanntschaften. Unsere engsten Freundinnen schätzen uns als Mensch, in unserem So-Sein-wie-wir-sind, selbst dann, wenn sie nicht immer mit unserem Verhalten einverstanden sind.

 

In schwierigen Situationen kann es uns helfen,  bewusst eine Freundin, die uns ohnehin nahe steht, als „Seelenpartnerin“ auszuwählen. Bei ihr fühlen wir uns aufgehoben, führen tiefe Gespräche und pflegen die Freundschaft. Trauer wird erträglicher, Älter werden leichter und auch Ängste können wir dadurch leichter bewältigen.

Leichter Entscheiden mit dem Inneren Team

Soziale Situationen werfen häufig Fragen auf, die wir (noch) nicht beantworten können. Viele Menschen, und ganz besonders die, die Verantwortung tragen, empfinden diesen Schwebestatus als äußerst unangenehm. Er suggeriert Unentschlossenheit, Stagnation und Unsicherheit. Eine Entscheidung – egal in welche Richtung – wird dann meist als befreiend erlebt. Ganz besonders als Konfliktbeteiligte sind wir uns unserer Sache selten sicher. Wir fragen uns, was der nächste Schritt sein könnte.
Die von Friedemann Schulz von Thun (Miteinander Reden, Band 3) vorgestellte Methode des Inneren Teams gibt einen guten Überblick über das eigene innere Erleben. Diese Methode strukturiert das normalerweise in emotionalen Befindlichkeiten ablaufende Gedankenkarussell und zwingt uns zum „Fertigdenken“.
Ich habe bei der Anwendung des Inneren Teams sehr gute Erfahrungen mit folgender Herangehensweise gemacht: Ich schreibe für meine/n Coachee (oder auch für mich) alle Gedanken auf, die mir zu dem anstehenden Problem in den Sinn kommen. Dabei beachte ich die Regeln der Kärtchenmoderation: also nur jeweils einen kurzen, prägnanten Satz auf eine Karte (es darf mit Zetteln improvisiert werden). Dann sortiere ich mit meinem/r Coachee die Nennungen nach Themen. Was passt zusammen? Wenn wir so gewissermaßen Cluster erstellt haben, werden diese mit Überschriften versehen, die den verschiedenen inneren Stimmen Namen geben (z.B.: Verletzter, Aggressor, Beschwichtiger, Kritiker, …). Nun wird für jedes Cluster bzw. die personifizierten Aussagen eines Clusters ein Kernsatz formuliert.
Es ist wichtig, jede Stimme ernst zu nehmen und wert zu schätzen. Dabei gehen wir davon aus, dass alle unsere Anteile eine positive Absicht verfolgen und ein für uns positives Ergebnis bewirken möchten. Auch die positive Absicht formulieren wir aus. Es tut gut, bei dieser Idee einen Moment zu verharren und sie auf sich wirken zu lassen.
Jetzt kommt es darauf an, Lösungen zu entwickeln, die die positiven Absichten unserer einzelnen inneren Anteile berücksichtigen. Für diesen Schritt können wir wieder Kärtchen zu Hilfe nehmen und alle möglichen und unmöglichen Lösungen (je eine auf eine Karte) notieren.
Die Arbeit mit dem Inneren Team schließt mit einer integrierten Stellungnahme / einem Fazit. Dieser Schritt fällt um so leichter, je besser es gelingt, allen inneren Anteilen „zu ihrem Recht“ zu verhelfen.