Zum Verständnis von intrinsischer und extrinsischer Motivation

Intrinsische Motivation – eine Art der Motivation, die immer wieder falsch verstanden wird, nämlich als internal, von innen heraus entstanden. Das ist nicht ganz richtig, bzw. nicht die vollständige Definition. Der – zugegeben kleine und schwierig zu erkennende Unterschied zwischen internaler und intrinsischer Motivation ist ja auch nur gering und trotzdem ist die Gleichsetzung so irreführend, dass einige Wissenschaftler auf diesen Begriff ganz verzichten wollen. Meine Überzeugung ist hier, dass die Unterscheidung der Begriffe für Führungskräfte anwendbare Möglichkeiten bietet, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu motivieren.

Lehrgespräche in der Vorlesung Personal und Organisation sind nun der Auslöser dafür, dass ich mal wieder etwas in meinen Blog schreibe.


Und nun zum Thema:
In einem Buch von Alexei Nikolajewitsch Leontjew (1) habe ich folgendes Zitat gefunden (hier sinngemäß wiedergegeben): „Das Motiv ist die Banane“. Diese Aussage hat mich sehr fasziniert und zum Denken angeregt. Inwieweit ist nun dieses Zitat hilfreich für ein stimmiges Verständnis von intrinsischer Motivation?


Leontjew geht in seiner Aussage weit in die Evolutionsgeschichte zurück. Der Affe, so seine Erkenntnis, hat den Gebrauch der Hände als Werkzeug erlernt, weil er die Banane haben wollte. Die Banane ist also ein Motiv, ein Ziel, das für den Affen selbst erstrebenswert ist. Ausgelöst wurde dieser Wunsch wahrscheinlich durch ein internales Bedürfnis, nämlich Hunger. Die Bewegung hin zur Banane ist also deshalb intrinsisch motiviert, weil der Affe sie selbst haben will.


Kann die Banane nun zu einem extrinsischen Motiv werden? Das kann sie tatsächlich, und zwar dann, wenn sich der Geschmack des Affen ändert. Die viel süßeren Trauben sind nun im Fokus. Ab jetzt ist die extrinsische Motivation gefragt. Wieviel zusätzlichen Zucker muss das Alpha-Tier dem auf die Trauben fixierten Affen nun bieten, um es dazu zu bewegen, seine Kraft für das fremdbestimmte Ziel, die Banane, einzusetzen? Oder eine weitere Analogie im Sinne des Zitats: Gewollt sind die Trauben, gearbeitet werden soll aber für die Banane.


Diese Erkenntnis lässt sich wunderbar im Arbeitsalltag einsetzen. Für Führungskräfte bedeutet das zunächst, zu einer durch Vertrauen geprägten Unternehmenskultur beizutragen und durch Zuhören und Fragen (2) zu erkunden, welches Ziel die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter im Fokus hat. Wofür ist sie oder er intrinsisch motiviert? Wenn es keine Differenz zwischen den Zielen der Organisation und denen der Mitarbeiter*innen gibt, also alle Beteiligten intrinsisch (d.h., auf ein gemeinsames externes Ziel ausgerichtet) motiviert sind, ist es leicht. Dann funktioniert die intrinsische Motivation ohne zusätzliche Belohnung. Wenn es allerdings eine Differenz gibt, muss „der Kuchen“ (3) erweitert werden, d.h., es muss ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden. Und: wie kostspielig das für eine Organisation wird, hängt von dem Gap zwischen intrinsischem und extrinsischem Motiv ab. Zusammenfassung: Extrinsische Motivation und intrinsische Motivation sind beide auf ein externes (!) Motiv ausgerichtet. Wenn beide Motive identisch sind, wird ein Weg gesucht, das Ziel zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, das Mitarbeiterinnen für ein intrinsisches Ziel motivierter sind als bei einem nicht gewünschten Wert, ist um einiges größer. Ob Mitarbeiter*innen davon überzeugt werden können, ihre Kraft für das aus ihrer Sicht weniger attraktive Ziel einzusetzen, hängt vom Willen des/der Betroffenen ab. Die nicht in den Fokus kommenden extrinsischen Alternativen können mittels Verhandlung durch Anreize ebenfalls gemeinsam erreicht werden.

(1) Alexei Nikolajewisch Leontjew, *1903 Moskau †1979 Moskau; von 1931 – 1934 Prof. am Lehrstuhl für Psychologie an der Universität in Charkiw, Ukraine
(2 )siehe hierzu auch meinen Blogbeitrag vom 04.08.2018
(3) Roger Fisher, William Ury, Bruce Patton: Das Harvard-Konzept: Der Klassiker der Verhandlungstechnik. Campus Verlag 2004